Haus der Ewigkeit – Haus des Lebens

Der jüdische Friedhof Rehburg

 

Von Gabriele Arndt-Sandrock

 

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In Niedersachsen sind ca. 250 jüdische Friedhöfe erhalten, von denen ein Großteil im 18. Jhdt. angelegt worden ist. Einer von ihnen ist der Friedhof in der Stadt Rehburg. Er liegt im Norden Rehburgs auf einem kleinen Hügel, verborgen unter hohen Bäumen. Über einen mit Gras bewachsenen Weg führt der Weg durch eine Pforte zu diesem „Haus der Ewigkeit“.

 

Jüdische Friedhöfe in Deutschland liegen in aller Regel am Rande oder außerhalb der historischen Ortsgrenzen, da es Juden sehr schwer gemacht wurde, Land für ihre Begräbnisplätze zu kaufen. Oft gab man ihnen Ackerstücke, die landwirtschaftlich nicht genutzt werden konnten, quasi wertlos waren.

 

Laut dem „Historischen Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen“ (hrsg. v. H. Obenauf, Göttingen 2005, Bd. 2, S. 1300) wurde er um 1850 angelegt. Der das Areal ursprünglich umgebende Wall wurde 1913 durch eine Mauer ersetzt. Heute umschließt den Friedhof ein Zaun.

Im Januar 1939 wurde der jüdische Friedhof geschlossen. Ab April 1944 übernahm ihn die Stadt Rehburg. Im Jahr 1960 ging er in den Besitz des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen über (alle Jahresangaben aus dem Historischen Handbuch 2005, Bd. 2, S. 1298ff.).

 

Da ein Teil des Friedhofsgeländes während der NS-Zeit an ein Sägewerk verkauft worden ist und der Friedhof außerdem in eben diesen Jahren geschändet und Grabsteine zerstört wurden, können über das tatsächliche Alter der Anlage und die tatsächliche Zahl der Menschen, die hier beerdigt wurden, keine endgültigen Aussagen gemacht werden.

 

Das älteste noch vorhandene Grab ist aus dem Jahr 1848, das jüngste aus dem Jahr 1935.

 

Der Friedhof beherbergt heute noch 35 Gräber. Fünf von ihnen bleiben namenlos, weil lediglich noch Fundamentreste des Grabsteins (vier) bzw. eine leere Grabeinfassung vorhanden sind. Die anderen erzählen von denen, die in Rehburg geboren wurden und gestorben sind; ebenso von Frauen, die - aus anderen Orten stammend - nach Rehburg geheiratet haben und hier ihre letzte Ruhe fanden. Es sind Verstorbene dabei, die kein heute Lebender mehr erinnert, weil sie schon hundert und mehr Jahre tot sind. Einige Grabsteine tragen die Namen von Eltern und Großeltern derer, die der Judenvernichtung in der NS Zeit zum Opfer fielen.

 

Ebenso begraben sind auf dem Rehburger jüdischen Friedhof die Vorfahren der Familien, die vor der systematischen Ausrottung der Juden in Deutschland nach Argentinien und in andere Länder flüchten konnten.

 

Seit einiger Zeit liegen auf einigen dieser letztgenannten Grabsteinen Steine und am Fuß der Gräber finden sich kleine Spielzeugfiguren.

 

Vielleicht beginnt die Zeit der Erinnerung erst noch und dieser Friedhof wird (wieder) zum „Haus des Lebens“.

 

 

Haus der Ewigkeit – Haus des Lebens

 

Jüdische Friedhöfe werden Bet ha-chajjim (Haus des Lebens), Bet ha-olam (Haus der Ewigkeit), Makom Tov („Gutort“)oder Bet ha-kwarot (Haus der Gräber) genannt. Sie sind für die Ewigkeit angelegt, das heißt bis zur Auferstehung am Jüngsten Tage und dürfen niemals eingeebnet werden, um Platz für neue Bestattungen zu schaffen.

 

Wenn möglich werden die Friedhöfe so ausgerichtet, dass die Verstorbenen mit den Füßen in Richtung Jerusalem begraben werden können (Richtung Süd/Süd-Ost), wobei das Kopfende gekennzeichnet ist durch einen aufgerichteten Stein. Während es bis ins Mittelalter üblich war, durch die Belegung auf den jüdischen Friedhöfen Familienstrukturen abzubilden, so setzte sich in der Neuzeit allmählich eine chronologische Reihenfolge durch, wobei Ehepaare - wie auch auf christlichen Friedhöfen üblich - nebeneinander ihre letzte Ruhe finden können.

 

Durch diese Art der wortwörtlich „ewigen Ruhe“ sind jüdische Friedhöfe exzellente Quellen für historische Forschungen. Ihre Grabmäler sind - insbesondere auf den großen städtischen Friedhöfen - kunsthistorische Zeugnisse ihrer jeweiligen Zeit.

 

Und die Grabinschriften erzählen auf ihre Weise die Geschichte(n) der jüdischen Gemeinde vor Ort. Sie helfen, an den Orten, in denen während der NS-Herrschaft besonders gründlich Archive, Akten und Erinnerungen ausgelöscht wurden, die Namen der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu erinnern.

 

Bis ins frühe 19. Jhdt. hinein hatten jüdische Grabsteine allein hebräische Inschriften. Danach begann man, die Vorderseite hebräisch und die Rückseite deutsch zu beschriften.

 

Gekennzeichnet sind hebräische Grabinschriften durch folgende Elemente: Namen und Todesdatum, gerahmt von einer Einleitungsformel und einem Schlusssegen, oft erweitert durch eine Eulogie („Lobrede“ auf den/die Verstorbene).

 

Das älteste erhaltene Grab auf dem Rehburger jüdischen Friedhof enthält alle diese Elemente:

 

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