Frieda Löwenberg, * 1907

Am 23. Juni 1939 nach England geflohen.
Überlebt.

Stolperstein:
Mühlentorstraße 40, Rehburg

Familie:

 

Frieda Löwenberg wurde am 22. September 1907 als Tochter des Lederhändlers Julius Löwenberg und dessen Ehefrau Selma, geborene Adler, in Rehburg geboren.
Frieda wurde im Frühling 1914 in Rehburg eingeschult und nach acht Schuljahren am 5. April 1922 aus der Schule entlassen. In der Grundschule Rehburg ist noch ein Buch der Schulabgänger vorhanden, in dem die Daten zu ihrer Schulzeit verzeichnet sind.

Zudem haben wir von einer Rehburgerin ein Klassenfoto des Rehburger Geburtstagjahrgangs 1907 zur Verfügung gestellt bekommen. Inmitten der Kinder sitzt Frieda Löwenberg dort in der ersten Reihe – das sechste Mädchen von rechts mit der gestreiften Schürze.

Sie erlernte anschließend den Beruf der Schneiderin.
Am 1. Februar 1936 meldete sie sich in Rehburg ab und zog nach Hannover, An der Markuskirche 3, zu ihrer Freundin Gertrud Wolf. Deren Ehemann Albert war gestorben; sie mochte nicht alleine sein, und so zog Frieda zu ihr.

 

Schulabgängerbuch mit Eintrag Frieda Löwenberg
Schulabgängerbuch mit Eintrag Frieda Löwenberg

Frieda war verheiratet mit Philipp Leeser, der am 23. April 1893 in Cammer in Schaumburg geboren wurde. Der genaue Zeitpunkt der Heirat lässt sich nicht feststellen.
Für den 29. Juni 1939 meldete sie sich in Hannover ab, aber bereits wenige Tage zuvor, am 23. Juni 1939, floh sie mit einem Schiff von Bremen über Southampton in England mit dem Ziel Oxford. Frieda hatte ein Visum für England bekommen, ihr Mann Philipp bekam ein Visum für Bolivien. Das Paar wurde getrennt.

Klassenfoto des Geburtsjahrgangs 1907
Klassenfoto des Geburtsjahrgangs 1907

Philipp Leeser emigrierte am 15. Juli 1939 von Bremen mit dem Schiff nach Arica in Chile mit dem Ziel La Paz in Bolivien.

Am 3. Oktober 1944 verließ Frieda England von Cardiff aus mit dem Schiff und kam am 25. Oktober 1944 in Buenos Aires an. Ihr Ziel war es, zu ihrem Mann in La Paz (Bolivien) zu gelangen.

Nach rund fünf Jahren Trennung war das Ehepaar wieder vereint.

Im Februar 1947 wurde ihre Tochter Renata (Renee) Lisa geboren.

Die Familie verließ Bolivien, fuhr mit dem Schiff von Panama am 10. September 1948 nach New York, wo sie fünf Tage später ankam. Sie zogen nach Ohio in die Reading Road in Cincinnati.

Frieda wurde in Cincinnati, Ohio, 1954 eingebürgert.

Philipp Leeser starb am 22. März 1961, Frieda Leeser am 14. Dezember 2006. Sie wurde 99 Jahre alt. Die Gräber von Philipp und Frieda sind in Cincinnati/Covedale, New Hope Cemetery.

 

 

Schicksal und Erinnerungen:

 

Frieda Löwenberg und ihr Mann Philipp Leeser erkannten rechtzeitig, dass ihr Leben in Deutschland in Gefahr war. Und so hatten sie sich entschlossen zu fliehen.
Trotz aller Widrigkeiten und dem Umstand, nicht gemeinsam reisen zu können. Die möglichen Fluchtländer nahmen nur ungern Juden aus Deutschland auf und so kam es, dass Frieda ein Visum für England, ihr Mann Phillip aber ein Visum für Bolivien erhielt. So reisten Sie dann, nur mit dem Nötigsten ausgestattet, in eine ungewisse Zukunft.

Die Tochter von Frieda und Philipp, Renee, reiste zur Stolpersteinverlegung zusammen mit ihrer Tochter Dena und deren Mann Eric Zied aus den USA nach Rehburg. So erfuhren wir, dass Frieda über ihre Zeit in Rehburg, über die Nazizeit und über das Erlebte mit ihrer Tochter nicht zu sprechen vermochte. Es muss ein Trauma für sie gewesen sein, die Eltern zurücklassen und sich von ihrem Mann trennen zu müssen. In Gesprächen mit ihrem Großcousin Prof. Fred Johnson hat Frieda immer wieder, so kann sich Fred Johnson noch heute erinnern, die Frage gestellt: „Warum konnten meine Eltern nicht gerettet werden?“ Das muss sie zeitlebens belastet haben. Tochter Renee konnte mit ihren Eltern nicht über die Zeit in Deutschland sprechen. Sie wurden immer sehr traurig, wenn Fragen gestellt wurden. Und somit ist über die Kindheit und über Friedas Leben in Deutschland nur wenig bekannt.

Erst Eric Zied, der sich als Familienhistoriker betätigt, durfte Frieda für einige Stunden befragen. Eine Erinnerung aus diesen Gesprächen war der Tod der Großmutter Sara Löwenberg im Jahre 1930 in Rehburg, als Frieda am Totenbett der Großmutter zur Totenwache saß.
Trotz allem haben Frieda Löwenberg und Philipp Leeser in den USA ein glückliches Leben geführt. Frieda hat die Heirat ihrer Tochter erlebt sowie die Geburt ihrer Enkel und Urenkel.
Nach einem erfüllten Leben ist sie im Alter von 99 Jahren verstorben.

 

Auf dem Gehsteig vor dem Haus, in dem einst die Familie Löwenberg lebte, in der jetzigen Mühlentorstraße 40, sind am 30. September 2016 Stolpersteine zum Gedenken an Frieda Löwenberg, an ihre Eltern Julius und Selma sowie ihre Schwester Gertrud, verlegt worden.

 

Heinrich Lustfeld
Juli 2017

Quellen:

Gerd-Jürgen Groß, ‚Sie lebten nebenan’, Erinnerungsbuch für die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 – 1945 deportierten und ermordeten jüdischen Frauen, Männer und Kinder aus dem Landkreis Nienburg/Weser

Hinterlassene Unterlagen von Heinz Hortian, Rehburg

Yad Vashem Israel
Bundesarchiv - Gedenkbuch
Kreisarchiv Nienburg
Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen
Niedersächsisches Landesarchiv
Ordnungsamt Stadt Hannover
Staatsarchiv Bremen
Kommunalarchiv Minden
Gesellschaft für Familienforschung Bremen – Bremer Passagierlisten
Gedenkbuch Halle/Saale
Professor Fred Johnson, USA
Hanna de Levie, Israel
Claudia und Rafael de Levie, Israel
Ann und Merrill Asher, USA
Renee Mason, USA
Dena Mason-Zied, Eric Zied, USA
Zeitzeugen
Bremer Passagierlisten

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