Hermann Levy, *1879

1939 in die USA geflohen

Stolperstein:
Mühlentorstraße 14 in Rehburg

Familie:

 

Hermann Levy wurde am 17. Februar 1879 in Lage geboren.
Nach seiner Hochzeit mit der in Rehburg geborenen Johanna Goldschmidt führte er mit ihr ein Manufakturgeschäft in Minden/Lübbecke, das den Lebensunterhalt der Familie sichern konnte. Das Ehepaar hatte einen Sohn, Kurt Levy, geboren am 8. April 1914.
Hermann Levy verstand sich als deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens und seine Unterstützung bei der Organisation der Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 als Wahlleiter lässt darauf schließen, dass sich sein Staatsbürgerverständnis nicht auf eine passive Haltung beschränkte. Vielmehr setzte sich Hermann Levy aktiv ein für den Staat, der ihn wenige Jahre später selbst mit dem Tode bedrohen sollte.
Im ersten Weltkrieg war Hermann Levy Soldat des deutschen Kaiserreichs.
 
Hermann Leyy bekam die Ausgrenzung der jüdisch-gläubigen Menschen zu spüren. Die durch die Straßen von Lübbecke ziehenden Gruppen der SA ließen einen normalen Warenverkauf seines Geschäfts in der Langen Straße 5 nicht mehr zu.
Angesichts der Warnung durch SA-Posten kauften nur noch wenige Kunden im Manufakturgeschäft der Familie Levy ein.
 
Nachdem ein Stein, – beklebt mit einem Handzettel mit der Botschaft „Wer beim Juden kauft, ist ein Volksverräter“ – in das Manufakturgeschäft geworfen wurde, ohne dass der oder die Täter sich einer Normen verpflichteten Gerichtsbarkeit gegenüber verantworten mussten, war die Firma nicht zu halten.
Sie wurde am 16. April 1936 im Handelsregister gelöscht; die Familie Levy wurde ihrer Existenzgrundlage beraubt.
 
Als ein Jahr später Johanna Levy starb, verlor Hermann Levy seinen letzten Bezugspunkt vor Ort und er zog am 29. Oktober 1938 zu den Geschwistern seiner Ehefrau, Max und Emmy Goldschmidt, nach Rehburg.

 

 

Schicksal:

 

Wenige Tage nach seiner Ankunft in Rehburg wurde Hermann Levy gemeinsam mit fünf weiteren jüdisch-gläubigen Bürgern Rehburgs in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Sie wurden in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 verhaftet, zunächst im Spritzenhaus festgehalten und dann nach Buchenwald transportiert.
 
Hermann Levy hatte Rehburg zu seiner neuen Heimat machen wollen, doch angesichts der zunehmenden und für ihn lebensbedrohlichen Gewaltbereitschaft seiner Mitmenschen, die er bereits mehrfach zu spüren bekommen hatte, entschied sich Hermann Levy zur Flucht in die USA.
 
Über seinen Weg in die USA ist nichts bekannt. Dass er dort angekommen ist, wissen wir aus einem Gerichtsurteil vom 17. März 1955, das die Enteignung des Hauses der Familie Goldschmidt annulliert.

 

 

Erinnerungen:

 

Ein Schreiben von Hermann Levy vom 15. Juli 1948 an die Mieterin des Hauses seiner Familie in Rehburg, Auguste Heinen, liegt uns vor. Sie hatte 1948 versucht, Kontakt zu Überlebenden der Familie Goldschmidt zu bekommen über eine Kleinanzeige in der deutsch-jüdischen Zeitung „Aufbau“. Diese Antwort bekam sie von Hermann Levy:

 

Hermann Levy
New York, Juli 15, 1948

Frau Auguste Heinen!
Auf Ihre Suchanzeige im “Aufbau” will ich Ihnen antworten. Ich nehme an, daß Sie Frau Heinen sind, die im Goldschmidtschen Hause wohnen. Sie werden mir gern Auskunft geben wollen über die letzte Zeit wo Emmy und Max noch dort lebten. Wohnen Sie allein im Haus oder sind noch Mieter da und wer. Sie können mir doch sicher auch angeben, wo die Sachen geblieben sind. Möbel, Silber, Wäsche, Bücher, Bilder vor allem Privatbilder oder Schriftstücke.
Sie können sich leicht denken, daß ich noch meine Ansprüche geltend machen werde. Vor allem auf das Haus meiner Schwägerin Ida, Schwester von Emmy, die hier in Cuba lebt und mit der ich schon darüber gesprochen habe. Können Sie mir auch sagen, ob der Friedhof in Ordnung ist, oder ob nun alles zerstört ist. Was mich ja nicht wundern würde.


Ich hoffe von Ihnen bald wieder zu hören und verbleibe grüßend
Hermann Levy

 

 

Das Schreiben ist angesichts dessen, was ihm widerfuhr, von erstaunlicher Sachlichkeit geprägt. Sein Interesse gilt dem Verbleib von Gegenständen, die mit der Familiengeschichte verknüpft sind, Schreiben, Bildern und anderen Dingen. Besonders wichtig ist ihm zu erfahren, wie es um den jüdischen Friedhof steht.

Regina Brunschön

Quellen:

Gerd-Jürgen Groß, ‚Sie lebten nebenan’, Erinnerungsbuch für die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 – 1945 deportierten und ermordeten jüdischen Frauen, Männer und Kinder aus dem Landkreis Nienburg/Weser

Hinterlassene Unterlagen von Heinz Hortian, Rehburg

Kreisarchiv Nienburg

Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen

Gerichtsurteil zur Rückübertragung des Hauses Mühlentorstraße 14 in Rehburg

Brief Hermann Levy vom 15. Juli 1948

Gemeinschaftlicher Erbschein VI 141/60, Amtsgericht Stolzenau vom 6.9.1960.

Stadtarchiv Lübbecke

Dissertation Volker Beckmann „Die jüdische Bevölkerung der Landkreise Lübbecke und Halle i.W.“

Walter Seger, Wandlitz b. Berlin; Autor des Buches „Wiederaufnahme, Lübbecke 1933 – 1945“

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