Wir erinnern an: Jakow Krawzow

Ein Überlebender aus dem Rehburger Forst?

Das Foto, mit dem Jakow Krawzow zu einer Nummer degradiert wurde, ist geblieben.
Das Foto, mit dem Jakow Krawzow zu einer Nummer degradiert wurde, ist geblieben.

 Vieles weist daraufhin und lässt darauf hoffen, dass Jakow Krawzow den Krieg überlebt hat. Das letzte Lebenszeichen, das wir von ihm gefunden haben, ist ein Stempel auf seiner Personalkarte. „10. FEB. 1945“ hat jemand mit roter Tinte auf das Papier gedrückt - als Zeichen für die erneute Erfassung dieses Gefangenen in einem Lager in Rehburg. Zwei Monate später sind die Alliierten im Landkreis Nienburg angekommen, haben die Weser überquert und von dort ein Dorf nach dem anderen befreit.

 

 

 123 627 – auf diese sechs Ziffern hatten die Nationalsozialisten den 25-jährigen Sowjetbürger zuvor reduziert. Im August 1941 hatten sie ihn gefangen genommen, seinen weiteren Weg können wir über die Personalkarte verfolgen: Ende Februar 1942 wurde er in einem Lager in Bremen aufgenommen, am 4. August jenes Jahres kam er in Rehburg an. Für die nächsten vier Monate war er dem Arbeitskommando 5791 zugeteilt, einem Lager für Sowjets mitten in der Stadt.

 

 Was und für wen er arbeiten musste, wissen wir nicht, und nahezu ebenso wenig wissen wir über die Bedingungen, unter denen die Männer leben mussten.

 

Gefangene in Rehburg – ein Bild des Jammers

 

 Einen Eindruck vermittelt die Erinnerung des verstorbenen Rehburger Heimatforschers August Lustfeld:

„Es war ein Bild des Jammers, wenn diese Männer durch Rehburg zur Waldarbeit zogen, frierend, die wunden Füße mit Fußlappen umwickelt und in Holzschuhen. Rehburger Bürger haben versucht, den sowjetischen Gefangenen das Leben zu erleichtern und haben ihnen auf verschiedenste Weise Lebensmittel zugespielt. Wir Kinder und Jugendlichen haben den Gefangenen im Lager Küchenreste, Brot usw. über den Zaun geworfen. Wenn die Wachposten dahinter kamen, wurde es immer schwieriger oder sogar unmöglich.“

 Ein Jahr und vier Monate, bis zum Dezember 1943, blieb Jakow in diesem Lager, dann wurde er in den Rehburger Forst verlegt. Vier Monate später, im April 1944, kam er zurück nach Rehburg-Stadt, wo der letzte Stempel am 10. Februar 1945 auf seine Personalkarte gedrückt wurde.

 

Die Chancen sind einigermaßen groß, dass er auch zum Zeitpunkt der Befreiung im April 1945 noch lebte. Doch was kam dann für ihn?

Während bei den Kriegsgefangenen anderer Nationalitäten ausschließlich Freude über ihre Befreiung herrschte und alle es eilig hatten, wieder in ihre Heimatländer zu kommen, herrschte bei vielen Sowjets große Unsicherheit über das, was sie nun tun sollten.

 

Für Stalin war Jakow ein Volksfeind

 

Es hatte sich herumgesprochen, dass Josef Stalin wenig Sympathien für jene hatte, die in Gefangenschaft geraten waren. Sie, hatte der Diktator verlauten lassen, seien Verräter am eigenen Volk, weil sie den Feind durch ihre Arbeit unterstützt und nicht „bis zum letzten Blutstropfen“ gekämpft hätten. Volksfeinde. Als solche wurden sie in ihrer Heimat angesehen.

Was würde sie erwarten in der Sowjetunion? Auch dazu sprach sich einiges herum. Erzählungen von der Filtration, die die sowjetische Regierung für alle Rückkehrer angeordnet hatte, vom Durchleuchten der Biografien. Beim geringsten Verdacht wurden sie statt in die Arme ihrer Familien in Gulags, also Straf- und Arbeitslager, gebracht. 900.000 Männer und Frauen, so lautet eine vorsichtige Schätzung, ereilte dieses Schicksal.

Ob dieses auch für Jakow galt oder ob er zurück nach Hause kam, in die Provinz Rostowskaja im Süden Russlands, werden wir vermutlich nie erfahren.

Was uns von ihm bleibt, sind sein Name, die kargen Daten auf der Personalkarte und sein Foto mit der Kennnummer, zu der er degradiert wurde. 

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