Else Freundlich, * 1894

Am 28. März 1942 über Ahlem nach Warschau deportiert
Todestag unbekannt
 
Stolperstein:
Alte Poststraße 13, Bad Rehburg

Verlobungsfoto von Siegmund Freundlich und seiner späteren Frau Else.
Verlobungsfoto von Siegmund Freundlich und seiner späteren Frau Else.
Familie:

 

Else Freundlich wurde am 4. Februar 1894 in Bad Rehburg als Tochter des jüdischen Ehepaars Ida und Julius Löwenstein geboren. Im Jahre 1920 heiratete sie in ihrem Heimatort Siegmund Freundlich. Das Ehepaar zog unmittelbar nach der Hochzeit nach Landeck in Westpreußen, in die Nähe des Geburtsortes von Siegmund. Dort wurde auch sein erster Sohn Werner am 2. August 1922 geboren.
Nach zirka vier Jahren kehrte die Familie 1925 nach Bad Rehburg zurück und zog in das Haus von Elses Eltern in der heutigen ‚Alten Poststraße 13’. In diesem Haus wurden Else und Siegmund Freundlichs fünf weitere Kinder geboren.


1925 kam Paula zur Welt, 1927 Kurt. Heinz Wolfgang wurde 1929 geboren, Gerda Irmgard 1933 und das Nesthäkchen Ruth Ilse im Jahr 1937.


Bereits 1930 starb Elses Vater Julius Löwenstein, 1935 ihre Mutter Ida Löwenstein. Beide wurden auf dem jüdischen Friedhof in Rehburg beerdigt. Von diesem Zeitpunkt an lebte die Familie allein in dem Haus, von wo sie am 28. März 1942 zunächst in das Sammellager Ahlem und von dort in das Ghetto Warschau deportiert wurde. Lediglich Tochter Paula entging der Deportation, da ihre Familie sie Anfang 1939 mit einem Kindertransport nach England schickte. Else, ihr Mann Siegmund und die Kinder Werner, Kurt, Heinz Wolfgang, Gerda Irmgard und Ruth Ilse wurden ermordet. Ihre Todestage sind unbekannt.

Oben auf dieser Seite ist das Verlobungsfoto von Else Freundlich – damals noch Else Löwenstein – und ihrem Mann Siegmund zu sehen.

Erinnerungen und Schicksal:


„Dass auch die Kinder den Judenstern tragen müssen!“

Dieser Satz von Else Freundlich steht auf einer der Tafeln unserer Ausstellung, darunter ist die Silhouette der weinenden Else zu sehen.

Handel mit Juden war den Geschäftsleuten und Handwerkern durch die Nazis verboten. Viele hielten sich daran. Andere setzten sich darüber hinweg. Friederich Bultmann, Schuster in Münchehagen, reparierte dennoch - auch nach dem Verbot - die Schuhe für die Bad Rehburger Familie Freundlich. Nachdem der Ortsgruppenleiter der NSDAP ihm allerdings als Drohung die Frage gestellt hatte, ob er auch da hinkommen wolle, „wo die anderen landen“, ging Else Freundlich nur noch nach Einbruch der Dunkelheit zu dem Schuster.

Willi Bultmann, der Sohn dieses Schusters, erinnert sich noch genau an einen Abend im Herbst 1941:

Else Freundlich brachte Schuhe zu ihnen nach Hause. In der Diele wurde sie von Willi Bultmanns Mutter gefragt, wie es ihr denn so gehe. Else Freundlich brach daraufhin in Tränen aus und sagte: „Dass auch die Kinder nun einen Judenstern an der Jacke tragen müssen.“
Am meisten habe ihn erschreckt, erzählt Willi Bultmann, dass seine Mutter auch angefangen habe zu weinen.

Das Tragen des so genannten ‚Judensterns’ wurde für alle Juden ab sechs Jahren mit Datum vom 1. September 1941 verpflichtend. Elses Kinder Werner, Heinz Wolfgang, Kurt und Gerda mussten ihn tragen. Paula war zu diesem Zeitpunkt bereits in England, Ruth Ilse noch jünger als sechs Jahre.

Weitere Erinnerungen an Else Freundlich hat uns ihre Tochter Paula gegeben, die als einzige aus der Familie überlebte, weil ihre Eltern sie Anfang 1939 mit einem Kindertransport nach England schickten.

Die Entscheidung von Siegmund und Else, einen Rettungsversuch für ihre Kinder zu starten, muss wohl in den Tagen nach der Pogromnacht vom November 1938 gefallen sein. Der Antrag, die Kinder in einen der Kindertransporte aufzunehmen, den sie Ende 1938 stellten, wurde schließlich für ihre Tochter Paula bewilligt.
Paula erinnert sich noch daran, wie ihre Mutter sie nach Hannover brachte – im Januar 1939. Sie übernachteten bei ihrer Tante. Ihr Vater kam am nächsten Tag nach Hannover, gemeinsam brachten die Eltern ihre Tochter zum Zug. Es sollte ein Abschied für immer sein. Paula hat ihre Eltern und Geschwister danach nie wieder gesehen.

Von einer Nachricht mit 25 Worten erzählte uns Paula. Das Telegramm, das das letzte Lebenszeichen von ihrer Familie war, ist im Laufe der Jahre verloren gegangen – Paulas Erinnerung daran aber nicht. Paulas Vater Siegmund schrieb ihr darin, dass sie auf dem Weg nach Polen seien – er gemeinsam mit den drei Söhnen, ihre Mutter zusammen mit den zwei Töchtern.

Am 28. März 1942 war die Familie Freundlich mit einem Bus aus Bad Rehburg abgeholt worden. Zum ‚Arbeitseinsatz nach Polen’ sollte es gehen. Drei Tage zuvor hatten sie mitgeteilt bekommen, was das wenige war, das sie mitnehmen durften. Zunächst wurde die Familie zur Israelitischen Gartenbauschule in Ahlem gebracht, die nun als Sammellager diente. Einige der Kinder der Freundlichs waren dort zuvor zur Schule gegangen. Wiederum drei Tage später wurden sie zum Bahnhof nach Hannover gebracht – die Reise in das Ghetto Warschau begann.

Rund drei Monate später begann die SS mit der Räumung dieses Ghettos und dem Transport der Menschen, die in ihm lebten, in das nun fertig gestellte Vernichtungslager Treblinka II, ca. 80 km nordöstlich von Warschau. Wahrscheinlich wurden Else, Siegmund und die fünf Kinder, die bei ihnen waren, dort sofort nach dem Eintreffen in einer Gaskammer mit Kohlenmonoxyd ermordet.

Lediglich Kurt, das drittälteste der Kinder, könnte der Ermordung noch ein wenig länger entgangen sein. Kurts Tante Clara Löwenstein, die in Köln lebte, schrieb am 28. November 1943 an Paula, dass die Adresse ihrer Eltern und Geschwister ihr unbekannt sei. „Nur Kurt schreibt, er arbeitet in Warschau in einer Fabrik.“ 

Quellen:

Gerd-Jürgen Groß, ‚Sie lebten nebenan’, Erinnerungsbuch für die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 – 1945 deportierten und ermordeten jüdischen Frauen, Männer und Kinder aus dem Landkreis Nienburg/Weser sowie Auszüge aus Groß Vortrag ‚Transportiert und deportiert’.

Hinterlassene Unterlagen von Heinz Hortian, Rehburg

Unterlagen Paula Calder, geb. Freundlich

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